Das WBG, Straßburg und Macron

Am 23. November nahmen 12 Schüler*innen der Klassen 10b und 10c, die am deutsch-französischen Geschichts- und Erinnerungsprojekt „Befreiung von Straßburg“ beteiligt waren, an den offiziellen Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Befreiung der Stadt Straßburg vom Nationalsozialismus teil. Gemeinsam mit Jugendlichen aus Straßburg und Périgueux hielten sie vor Vertreter*innen der Städte Stuttgart, Straßburg und Périgueux sowie weiteren hochrangigen Repräsentant*innen aus Frankreich und dem Ausland eine Rede. Darin forderten die Jugendlichen die Politiker*innen nicht nur auf, Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zu ziehen, sondern auch der Jugend mehr Partizipation zu ermöglichen. Anschließend ging es in das nahegelegene Palais Universitaire, wo zunächst zahlreiche Projekte, die sich im Vorfeld mit der Befreiung von Straßburg beschäftigt hatten, vor über 400 geladenen Gästen vorgestellt wurden. Die Jugendlichen aus Stuttgart, Straßburg, Périgueux stellten die Etappen ihres gesamten Projekts und die daraus gezogenen Erkenntnisse vor. Im September 2024 hatten die Jugendlichen der drei Städte gemeinsam das Mémorial Alsace-Moselle sowie das ehemalige KZ Natzweiler-Struthof und im Oktober 2024 Krakau sowie das ehemalige KZ Auschwitz-Birkenau besucht. Die Gruppe wurde durchgängig von den beiden Vertreter*innen vom Stadtjugendring Stuttgart, Anke Böttcher und Friederike Hartl, sowie von Piotr Unizycki, Geschichtslehrkraft am Wagenburg-Gymnasium, begleitet. Gefördert wurde das Projekt durch den Stadtjugendring Stuttgart sowie die Städte Stuttgart und Straßburg im Rahmen der gegenseitigen Städtepartnerschaft, die bereits seit 1962 besteht. Zu den Feierlichkeiten wurden die Schüler*innen auch durch den Schulleiter des Wagenburg-Gymnasiums, Michael Nowak, begleitet. Höhepunkt der Gedenkfeier am 23. November in Straßburg war die Rede von Emmanuel Macron am Mittag. Darin wandte sich der französische Staatspräsident nicht nur an die Jugend, sondern kündigte zugleich an, die sterblichen Überreste von Marc Bloch in einer feierlichen Zeremonie ins Panthéon in Paris überführen zu wollen. Bloch war von 1919 bis 1936 Professor für Geschichte des Mittelalters an der Universität Straßburg. Trotz der Repression gegen Juden blieb er in Frankreich und schloss sich 1943 der Résistance an. Am 16. Juni 1944 – knapp drei Monate vor der Befreiung von Straßburg – wurde er von der Gestapo erschossen. Bei seiner Rede in Straßburg ging Macron auch auf das von Frankreich und Deutschland lange totgeschwiegene Schicksal von über 140.000 Bewohner*innen Elsass-Lothringens ein, die zum Dienst in der Wehrmacht zwangsrekrutiert wurden. Auf eine entsprechende Geste des Staatschefs hatten Nachfahren der betroffenen „Malgré-nous“ (auf Deutsch: „gegen unseren Willen“) gehofft. Zu ihren Eindrücken nach den offiziellen Gedenkveranstaltungen und der Rede Macrons wurden die Jugendlichen vom SWR interviewt. Es folgte ein festliches Essen im Rathaus. Gestärkt ging es weiter mit einem offiziellen Empfang durch die Bürgermeisterin von Straßburg und einer Austauschrunde mit weiteren Vertreter*innen der drei Städte. Am Abend rundeten ein Besuch der Ausstellung zur Befreiung von Straßburg im Musée historique sowie ein gemeinsames Essen von traditionellen elsässischen Spezialitäten den ereignisreichen und bewegenden Tag ab.

Beitrag von SWR Aktuell vom 23.11.2024

Fahrt ins Elsass (Straßburg, Schirmeck, Natzweiler-Struthof)

Im Rahmen des deutsch-französischen Geschichts- und Erinnerungsprojekts „Befreiung von Straßburg“, welches das Wagenburg-Gymnasium und der Stadtjugendring Stuttgart in Kooperation mit den Städten Straßburg und Périgueux durchführt, fand vom 27. September 2024 bis zum 29. September 2024 die erste Fahrt statt. Für 12 Schüler*innen der Klassen 10b und 10c ging es dabei ins benachbarte Elsass. Nach der Ankunft in Straßburg stand ein historischer Stadtspaziergang auf dem Programm. Hierbei erkundeten wir Erinnerungsorte wie die „Alte Synagoge“, wo sich von 1898 bis 1940 die Straßburger Synagoge befand, und wo seit 2012 auch die „Allee der Gerechten unter den Völkern“ zu Ehren der Straßburger Judenretter*innen im Zweiten Weltkrieg besteht. Auch weniger bekannte Erinnerungsorte wie etwa die „Église Saint-Jean“ kamen zum Tragen. Diese galt von 1940 bis 1942 als Ausgangspunkt zahlreicher Rettungsaktionen von jungen elsässischen Pfadfinderinnen der „Équipe Pur-Sang“, von denen einige später in Stuttgart inhaftiert wurden. Am Abend fand im Verwaltungsgebäude der Stadt Straßburg der offizielle Auftakt des Projekts und das erste gemeinsame Kennenlernen mit den beiden Delegationen aus Straßburg und Périgueux statt. Am Samstag, den 28. September 2024, fuhren am frühen Morgen alle gemeinsam nach Schirmeck. Im Mémorial Alsace-Moselle erhielten wir eine Führung. Die Gedenkstätte zeigt auf eindrückliche und innovative Weise die leidvolle Geschichte des Elsass vom Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 bis heute. Am Nachmittag konnten die Schüler*innen die erworbenen Kenntnisse in einem gemeinsamen Workshop und dank der intensiven Auseinandersetzung mit historischem Quellenmaterial vertiefen. Bei leckeren Flammkuchen in einem traditionellen elsässischen Restaurant am Abend gab es endlich auch die Möglichkeit, sich noch besser kennenzulernen und über das gemeinsam Erlebte auszutauschen. Am Sonntag, den 29. September 2024, besuchten alle drei Delegationen gemeinsam das ehemalige Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Das im Mai 1941 von den Nationalsozialisten errichtete Konzentrationslager ist das einzige auf französischem Boden. Ab September 1944 wurden das Stammlager und seine linksrheinischen Außenlager angesichts der vorrückenden Alliierten evakuiert und die aus über 30 Ländern kommenden Gefangenen in Außenlager auch im Stuttgarter Raum verlegt. Auch diese Verzahnung verdeutlicht noch einmal, wie wichtig es ist heute noch ist, gemeinsam – auf französischer und deutscher Seite, aber auch europäischer Ebene – an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs zu erinnern.

Text und Fotos: Piotr Unizycki

https://www.strasbourg.eu/-/parcours-memoriel-jeunes-2024.

Fahrt nach Polen (Krakau und Auschwitz-Birkenau)

Im Rahmen des deutsch-französischen Geschichts- und Erinnerungsprojekts „Befreiung von Straßburg“ fand in der letzten Woche vor den Herbstferien für die 12 Teilnehmer*innen aus den Klassen 10b und 10c die Fahrt nach Polen, genauer gesagt nach Krakau und Auschwitz- Birkenau, statt.

Nach einer langen Zugfahrt erreichten wir am Dienstag, den 22. Oktober 2024, Krakau – eine der ältesten Städte Polens. Gleich nach der Ankunft erkundeten wir die Altstadt mit dem berühmten Marktplatz, den Tuchhallen und der beeindruckenden Marienkirche. Ein Höhepunkt war der Besuch des Wawel-Schlosses, das auf einem Hügel über der Stadt thront und nicht nur einen faszinierenden Ausblick auf die Stadt und die Weichsel, sondern vor allem auch einen spannenden Einblick in die Geschichte Polens bietet. Am Nachmittag besuchten wir das Schindler Museum und das jüdische Viertel Kazimierz, das einst das kulturelle Zentrum der jüdischen Gemeinde war. Hier lernten wir nicht nur die Geschichte der polnischen Juden, insbesondere in der Zeit der deutschen Besatzung Krakaus von 1939 bis 1945 kennen, sondern auch die kulturelle Bedeutung, die Kazimierz bis heute für die Stadt Krakau hat. Besonders beeindruckend war der Besuch des Platzes der Helden des Ghettos. Der Platz war während des Zweiten Weltkrieges der zentrale Bereich des Ghettos, das im März 1941 von den Nationalsozialisten auf Anweisung von Generalgouverneur Hans Frank, errichtet worden war. Er diente als Umschlagplatz und Hauptschauplatz von Hinrichtungen. Am Rande befand sich die Apotheke „Unter dem Adler“ von Tadeusz Pankiewicz. Als einziger nicht-jüdischer Bewohner des Ghettos durfte er bleiben und seine Apotheke führen. Pankiewicz und der Rest seines Personals halfen vielen Menschen im Ghetto, indem sie Essen und Medizin schmuggelten und gefälschte Papiere organisierten. Heute gedenkt der Platz der jüdischen Opfer des Krieges sowohl durch seinen Namen als auch durch eine seit 2005 bestehende künstlerische Stuhl-Installation, die dort zu finden ist. Der intensive erste Tag endete mit einem Abendessen in einem jüdischen Restaurant mitten im heute erneut florierenden Kazimierz.

Am Mittwoch, den 23. Oktober 2024, stand gemeinsam mit den beiden Delegationen aus Frankreich der Besuch des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau auf dem Programm. Mit gemischten Gefühlen betraten wir das Gelände des Stammlagers Auschwitz I, das heute als Erinnerungsort und Museum dient. Im Rahmen einer Führung bekamen wir Einblicke in die grausame Realität des Lagerlebens. Es war ein erschütternder Moment, die originalen Gebäude, Zellen und Gegenstände der Opfer zu sehen und über die unmenschlichen Bedingungen zu erfahren, unter denen die Menschen dort leben mussten. Anschließend fuhren wir in das drei Kilometer entfernte Birkenau, dem größten Vernichtungslager des NS-Regimes. Die endlos erscheinenden Reihen von Baracken, die Überreste der Gaskammern und die schiere Größe des gesamten Geländes führten die Dimensionen der Verbrechen noch deutlicher vor Augen. Es war ein beklemmendes Gefühl, an einem Ort zu stehen, an dem so viele Menschen unter unvorstellbarem Leid starben. Am 1967 errichteten Mahnmal fand eine gemeinsame Kranzniederlegung aller drei Delegationen statt. Nicht nur die Kranzniederlegung, auch der Besuch insgesamt war sehr bewegend und regte zum Nachdenken an.

Am Donnerstag, den 24. Oktober 2024, traten wir die erneut sehr lange Heimreise an. Trotz der kurzen und sehr intensiven Zeit vor Ort hat die Fahrt den Teilnehmer*innen nicht nur historisches Wissen vermittelt, sondern auch die Bedeutung von Werten wie Menschlichkeit, Toleranz, Solidarität und die Notwendigkeit eines friedlichen Zusammenlebens in heutigen Zeiten eindrücklich nahegebracht.

Text und Fotos: Piotr Unizycki

https://www.strasbourg.eu/-/conseil-des-jeunes-visite-auschwitz-birkenau-20241028